Erfahren Sie mehr über Potsdams nördlichsten Ortsteil Groß Glienicke

„Hier waren Deutschland und Europa bis zum 24. Dezember 1989 um 8 Uhr geteilt“: Wer von Spandau nach Potsdam fährt, sieht am Ortseingang von Groß Glienicke dieses Schild, das den Standort der 1990 abgerissenen Mauer markiert – und das an den Tag erinnert, an dem die ortsansässige Bevölkerung die Mauer überwand. Groß Glienicke war im Kalten Krieg Grenzdorf zwischen der DDR und Berlin (West), seit 2003 ist es der nordöstliche Ortsteil Potsdams.
Die malerische Lage zwischen Groß Glienicker und Sacrower See, Königswald und Döberitzer Heide hat eine große Anziehungskraft auf Menschen, die stadtnah im Grünen wohnen wollen. Zum Jahresende 2015 zählte der 10,25 Quadratkilometer große Ortsteil 4.500 Einwohner – Tendenz: steigend.
Grenze Mauer Schild

Groß Glienicke erreicht man über die B 2. Von der Potsdamer Innenstadt aus markiert der Kreisel den Ortseingang. Unmittelbar am Kreisel liegen die beiden Einkaufszentren Albrechtshof und Mühlenberg-Center.

Der Ort erstreckt sich zwischen Groß Glienicker See und Königswald bis fast zum Nordufer des Sacrower Sees. Hinzu kommen zwei Exklaven: im Westen das nahe der B 2 gelegene Wochenend- und Wohngebiet Bullenwinkel, im Norden die Waldsiedlung – eine ehemalige Grenzkaserne, in der heute Landesbehörden in ehemaligen Kasernenbauten untergebracht sind und Wohnhäuser gebaut werden.

Die wichtigsten öffentlichen Orte sind: die Kirche in der Glienicker Dorfstraße mit dem Evangelischen Gemeindezentrum, die Badewiese an der Seepromenade, der ehemalige Gutspark hinter dem Potsdamer Tor. Hier erinnert eine Mauergedenkstätte an die Zeit der Teilung bis 1990. Kultur- und Jugendzentrum ist das Begegnungshaus an der Glienicker Dorfstraße. Größter Veranstaltungsort ist die Preußenhalle in der Waldsiedlung. Mitten im Ort liegt die Hanna-von-Pestalozza-Grundschule. Mit fünf Kitas hat Groß Glienicke ein großes Angebot an Kinderbetreuung und ist attraktiv für junge Familien.

Ortsgeschichte

„Glienicke“ erinnert daran, dass vor tausend Jahren hier, am Nordufer des Groß Glienicker Sees, Slawen siedelten – und dass sie hier den im sandigen Brandenburg so begehrten Lehmboden fanden: steckt doch im Ortsnamen der slawische Begriff für Lehm und Ton, „glina“.

Mitte des 12. Jahrhunderts endete die Zeit der slawischen Herrschaft in Brandenburg, christliche Siedler aus dem Westen unterwarfen und verdrängten die Slawen. In Groß Glienicke entstand am Nordufer des Sees ein Rittergut, entlang des Westufers (in der heutigen Glienicker Dorfstraße) siedelten sich Bauern aus flämischen und niederländischen Gebieten an. Bis ins 20. Jahrhundert war das Rittergut die beherrschende Macht des Dorfes. Das berühmteste Geschlecht, die Familie von Ribbeck, residierte hier über 200 Jahre lang, von 1572 bis 1788. Ihre bedeutendste Hinterlassenschaft ist die barocke Ausgestaltung der Dorfkirche, heute eines der historisch bedeutsamsten Gotteshäuser Potsdams. Seit einigen Jahren wird sie restauriert, Altar, Kanzel und Taufbecken sind bereits in ihrer alten Pracht wieder erlebbar.

Im unmittelbaren Umfeld der Kirche ist auch das alte Dorf noch erkennbar: Ein ehemaliges märkisches Bauernhaus (bis 2003 Gemeindeamt) ist heute Pfarrhaus, wenige Meter nördlich steht die frühere Dorfschule. Im Übrigen ist vom Dorf ebenso wenig geblieben wie vom Rittergut, das 1938 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgegeben wurde. Das Herrenhaus brannte 1945 ab, die meisten Wohn- und Wirtschaftsgebäude wurden in den 1960er Jahren abgerissen, da sie im DDR-Grenzgebiet lagen.

Das heutige Groß Glienicke ist geprägt durch eine Entwicklung, die in den 1920er Jahren einsetzte. Damals entdeckten Siedlungsgesellschaften den Reiz der Wald- und Seen-Landschaft für großstadtmüde Berliner. Südlich des Bauerndorfes, in der Glienicker Aue, und am Ostufer des Groß Glienicker Sees wurden Siedlungsgebiete ausgewiesen. Villen, Wohn- und Wochenendhäuser wurden gebaut, bis der Zweite Weltkrieg diese Entwicklung unterbrach.

1945 wurde Groß Glienicke geteilt, weil die britische Besatzungsmacht Hinterland für ihren Flughafen Gatow benötigte. Der östliche Teil von Groß Glienicke (die Siedlung „Wochenend West“) gehört seither zum Berliner Bezirk Spandau, während der westliche Teil, der heutige Potsdamer Ortsteil Groß Glienicke, ungefähr in der Mitte des Groß Glienicker Sees endet. Als 1949 die DDR gegründet wurde, war Groß Glienicke Grenzort zu West-Berlin – mit einschneidenden Folgen: 1952 wurden die Übergänge nördlich und südlich des Groß Glienicker Sees geschlossen, 1961 mit Stacheldraht und Grenzpatrouillen abgeriegelt. 1969/70 und 1977 folgte der Bau der beiden Mauern mit Todesstreifen entlang des Seeufers. Am 24. Dezember 1989 endete die Abriegelung, 1990/91 wurden die Mauern abgerissen, und der jahrzehntelang unterbrochene Zuzug aus Berlin setzte wieder ein.

Vom Rittergut und Bauerndorf zur Siedlungsgemeinde: So wird in ortsgeschichtlichen Veröffentlichungen die Entwicklung Groß Glienickes charakterisiert. Die Siedlungspläne der 1920er Jahre waren zwar Jahrzehnte lang – erst durch den Zweiten Weltkrieg, dann durch die Grenzlage – blockiert. Nach dem Mauerfall jedoch wurde Groß Glienicke wieder entdeckt: Mit einer Wohnung oder einem Haus im Potsdamer Ortsteil Groß Glienicke erfüllen sich viele Familien ihren Traum vom Wohnen in der Stadt auf dem Lande. Seit 2003 ist Groß Glienicke ein Stadtteil von Potsdam.

Erholsamer Mittelpunkt des Ortsteils ist die Badewiese mit Waldspielplatz und Strand am Groß Glienicker See. Hier findet alljährlich auch das traditionelle Dorffest statt, das viele Besucher aus der Umgebung anzieht. Von der Badewiese aus führt der ehemalige Patrouillenweg der DDR-Grenztruppen als Uferweg nach Nord und Süd am Groß Glienicker See entlang. Nach dem Mauerfall wurde er in Betrieb genommen und entwickelte sich ab 1990 zum beliebtesten Spazierweg des Dorfes. Durch den 2009 ausgebrochenen Uferkonflikt sind zur Zeit Teile des Weges gesperrt, doch die Uferzone ist seit 1999 in einem Bebauungsplan als öffentliche Uferzone ausgewiesen, und die Stadt Potsdam ist dabei, die Öffentlichkeit des Uferweges auch in den noch gesperrten Bereichen durchzusetzen.

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