Filmreihe im virtuellen Kinosaal kino2online des Filmmuseums Potsdam März, April und Mai 2021 https://filmmuseum-potsdam.cinemalovers.de
Mit einer Reihe von Kino- und Fernsehfilmen gratuliert das Filmmuseum Potsdam gemeinsam mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF und der DEFA-Stiftung der Potsdamer Ausnahmeschauspielerin Jutta Hoffmann zu ihrem 80. Geburtstag.
Die von der Filmhistorikerin Evelyn Hampicke gemeinsam mit dem Filmmuseum Potsdam kuratierte Filmreihe ist von März bis Mai im kino2online, dem virtuellen Kinosaal des Filmmuseums, zu sehen. Für die Zeit nach der Wiedereröffnung des Marstalls sind weitere Filme im Kino sowie eine Abendveranstaltung mit Jutta Hoffmann als Gast in Planung. Mit freundlicher Unterstützung der DEFA-Stiftung und der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
Filme vom 1.3. bis 31.3.2021
Karla
R: Herrmann Zschoche, D: Jutta Hoffmann, Jürgen Hentsch, Hans Hardt-Hardtloff, DDR 1965/1990, 134‘
Karla tritt nach Abschluss der Universität eine Lehrerstelle in einer Kleinstadt im Norden der DDR an. Sie möchte die Kinder zu selbständigem Denken anregen. Doch ihre Ideale stoßen auf Unverständnis – nicht nur im Kollegium, sondern auch bei den Schüler*innen. Durch das 11. Plenum des ZK der SED verboten, gelangte der Film erst 1990 zur Aufführung und fand wegen der realistischen Schilderung des Schulalltags und der hervorragenden schauspielerischen Leistung Jutta Hoffmanns große Anerkennung.
Das Versteck
R: Frank Beyer, D: Jutta Hoffmann, Manfred Krug, Dieter Mann, DDR 1977, 104‘
Ein Jahr nach der Scheidung. Ein Ex-Mann will seine Ex-Frau zurück. Das kann jedoch nur durch eine List geschehen. Er überredet sie, ihn in ihrer Wohnung vor der Polizei zu verstecken. Obwohl sie den Schwindel durchschaut, geht seine Ex-Frau auf sein Werben ein. Vielleicht gelingt doch ein neuer Anfang.
Es dauerte fast zwei Jahre bis der Film 1978 in die DDR-Kinos kam, da Hauptdarsteller Manfred Krug in Folge der Biermann-Petition in die Bundesrepublik übersiedelte, wo „Das Versteck“ ein Jahr darauf ins Kino kam. Jutta Hoffmann verließ die DDR schließlich 1983.
Hedda Gabler
R: Thomas Langhoff, D: Jutta Hoffmann, Jörg Gudzuhn, Jürgen Gosch, DDR 1980, 125‘
Die Studioaufzeichnung einer Inszenierung des Schauspiels von Henrik Ibsen von Regisseur Thomas Langhoff mit illustrer Besetzung: Vor allem Jutta Hoffmann besticht mit ihrer Interpretation der großbürgerlichen Tochter, die sich in Aussicht auf eine gehobene gesellschaftliche Rolle mit einem rückgratlosen „Fachmenschen“ verehelicht. Das Verwegene zieht sie magisch an, doch für eigene Eskapaden fehlt ihr der Mut.
Zeit der Einsamkeit
R: Peter Vogel, D: Christian Grashof, Jutta Hoffmann, Uwe Kockisch, DDR 1983, 90’
Die Jüdin Magda und ihr Mann Rudolf sind 1942 auf der Flucht vor den Nazis in der südfranzösischen Stadt Albi eingetroffen. Doch schnell stellt sich heraus, dass das Vichy-Regime in Frankreich kaum Sicherheit bietet. Magda fehlt ein gültiger Pass. So ist sie den Nachstellungen eines Präfekturbeamten ausgesetzt, während Rudolf in die Fänge des Polizeichefs gerät.
Jutta Hoffmann glänzt in der Literaturverfilmung nach Stephan Hermlins Buch. Die Koproduktion zwischen DEFA, Fernsehen der DDR und dem staatlichen Filmstudio in Bukarest ist eine außergewöhnliche, heute kaum noch bekannte filmische Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus.
Filme vom 1.4. bis 30.4.2021
Julia lebt
R: Frank Vogel, D: Jutta Hoffmann, Angelica Domröse, Peter Sindermann, DDR 1963, 83‘
Auf einem Schwimmfest lernt der Grenzsoldat Gunter Rist die Professorentochter Penny kennen. Aus dem einfachen Jungen und dem verwöhnten Mädchen wird ein seltsames Liebespaar. Gunter jedoch passt nicht in ihre Kreise, wird von Pennys versnobbten, intellektuellen Freund*innen brüskiert.
Eine proletarisch-sozialistisch personifizierte Variante von „Buridans Esel“ und vielleicht der aparteste DEFA-Mauerfilm überhaupt. Leicht masochistische Erotik durchzieht den Film und macht den bewussten Grenzschützer empfänglich für die Reize toller Outfits und für die Verblendungen großbürgerlicher Sozialisierung allgemein. Doch Entscheidungsfreude ist nicht Gunters Stärke. Das kommt davon! Am Ende wird der Grenzposten-Romeo vom Film-Klassenfeind hinterrücks erschossen. Aber Julia lebt.
Bonus: Einführung zu “Julia lebt” von Evelyn Hampicke (Filmhistorikerin)
Geschlossene Gesellschaft
R: Frank Beyer, D: Jutta Hoffmann, Armin Mueller-Stahl, Sigfrit Steiner, DDR 1978, 118‘
Wenn Ehemann und Ehefrau am Rande der kleinen DDR Urlaub machen, wird es unmöglich, lang verdrängte Krisen zu unterdrücken. Vorwürfe und Anklagen werden laut. Trotz eines Hoffnung spendenden Endes wurde der DDR-TV-Termin auf sehr späte Stunden des Abendprogrammes verlegt. Wohl in der Hoffnung, dass rechtschaffene, arbeitende Bürger*innen bei der Ausstrahlung ein- oder gar verschlafen würden. „Geschlossene Gesellschaft“ war und ist ein subversives Gleichnis. Ein allzu deutlicher Aufruf zum offenen Benennen und Bearbeiten von vordergründig privaten, aber auch unterschwellig gesellschaftlichen Konflikten.
Bandits
R: Katja von Garnier, D: Jasmin Tabatabai, Katja Riemann, Jutta Hoffmann, D 1997, 109‘
Die vier Gefängnisinsassinnen Marie, Luna, Angel und Emma gründen die Band Bandits und brechen kurz darauf aus dem Knast aus. Mit der Polizei auf den Fersen gelingt es ihnen trotzdem, Konzerte zu geben, die von einer immer größer werdenden medialen Aufmerksamkeit und Fangemeinde begleitet werden. Vor der beeindruckenden Szenerie des Hamburger Hafens geben sie ihr größtes Konzert, dem die Polizei machtlos zuschauen muss.
Jutta Hoffmann, Seite an Seite mit Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz und Katja Riemann, zeigt in der Rolle der Marie, was generationenübergreifende Solidarität unter Frauen bewirken kann. Letztere machte nicht nur die Polizist*innen im Film, sondern auch zeitgenössische männliche Filmkritiker nervös, so dass sie sich zu persönlich abwertenden Kritiken hinreißen ließen, die deutlich mehr über die Frauenfeindlichkeit ihrer Autoren aussagen als über den Film selbst. Unbeeindruckt davon ist „Bandits“ ein Roadmovie mit Kultstatus und hält bis heute den Titel des erfolgreichsten deutschen Filmscores überhaupt.
Filme vom 1.5. bis 31.5.2021
Junge Frau von 1914
R: Egon Günther, D: Jutta Hoffmann, Klaus Piontek, Inge Keller, DDR 1970, 77‘ + 79‘
Zweiteilige Verfilmung nach Arnold Zweigs Roman: Die Liebe zwischen dem mittellosen Schriftsteller Bertin und der Bankierstochter Leonore Wahl bricht mit gesellschaftlichen Konventionen und muss vor den Eltern verheimlicht werden. Die Lage spitzt sich zu, als Bertin in den Krieg ziehen muss, Leonore ein Kind abtreiben lässt und sich eine Stellung als Lehrerin sucht. Trotz der Verlobung mit einem anderen und trotz weiterer Widerstände heiratet Leonore Bertin. Ihr Leben wird dadurch nicht einfacher.
Rita
R: Egon Günther, D: Jutta Hoffmann, Eberhard Esche, Fred Düren, DDR 1976, 60‘
Während sich die jungen Kolleginnen, die mit ihr am Fließband arbeiten, durch Frisur und Haarfarbe zu individualisieren versuchen, ist Rita längst in die Selbständigkeit aufgebrochen. Sie ist alleinerziehende Mutter, besucht das Abendgymnasium, wird studieren. Ohnehin ist sie unendlich entzückend. All das führt sie in eine ernsthafte Beziehung zu einem Elite-Mann mit Parteiabzeichen. Geschlechter-Problematik im 70er-Jahre-Look.
Von dem Fernsehfilm „Rita“ existierte unter dem Titel „Anlauf“ eine erste, längere Fassung von 1970. Dieser szenisch ähnliche, doch in der Grundaussage durchaus unterschiedliche Film ist heute leider nur noch in einer qualitativ nicht vorzeigbaren Umkopierung überliefert.
Bonus: Einführung zu “Rita“ von Evelyn Hampicke (Filmhistorikerin)
Weite Straßen – stille Liebe
R: Herrmann Zschoche, D: Manfred Krug, Jaecki Schwarz, Jutta Hoffmann, DDR 1977, 76‘
Ein weiterer Film, in dem Jutta Hoffmann Seite an Seite mit Manfred Krug zu sehen ist. Er spielt den Fernfahrer Hannes – noch auf den Straßen der DDR „auf Achse“, sie eine hilfsbedürftige junge Frau mit kleinem Kind, die bei ihm und seinem Beifahrer mitfahren und mitwohnen darf. Die beiden Männer verlieben sich in die attraktive, aber eigensinnige Johanna. Als der kernige Hannes sich einen kleinen Trabant für Sonntagsausflüge anschaffen und heiraten möchte, ist Johanna plötzlich wieder verschwunden.
Biografie Jutta Hoffmann
Jutta Hoffmann wird am 3.3.1941 in Ammendorf bei Halle geboren. Während der Schulzeit ist sie Mitglied in der Laienspielgruppe der Buna-Werke in Schkopau. Nach dem Abitur beginnt sie ein Studium an der Filmhochschule in Babelsberg, bricht die Ausbildung dort aber ab. Bereits 1960 wird Jutta Hoffmann am Berliner Maxim Gorki Theater verpflichtet, erhält ihren ersten Bühnenvertrag. Am Deutschen Theater spielt sie ebenfalls kurze Zeit später, u.a. unter der Regie von Benno Besson. Ihr Filmdebüt gibt sie 1961 in „Das Rabauken-Kabarett“ von Regisseur Werner W. Wallroth. Mit der Rolle der Professorentochter Penny in „Julia lebt“ (R: Frank Vogel) wird sie einem breiten Kino-Publikum bekannt. Der Film „Karla“ von Herrmann Zschoche, in dem Jutta Hoffmann ihre erste Spielfilmhauptrolle hat, gehört 1965/1966 zum Jahrgang verbotener Filme. Auch „Denk bloß nicht ich heule“ (R: Frank Vogel), an dem sie mitwirkt, gelangt erst ein Vierteljahrhundert später zur Aufführung. Zu ihren wichtigen Fernsehrollen gehören in den 1960er Jahren die Verfilmung des Fallada-Romans „Kleiner Mann – Was nun?“ (R: Hans-Joachim Kasprzik) und die Hauptrolle in dem zweiteiligen Fernsehfilm nach Arnold Zweigs „Junge Frau von 1914“ von Regisseur Egon Günther, mit dem die Schauspielerin eine langjährige Zusammenarbeit beginnt (u.a. „Der Dritte“, „Lotte in Weimar“).
Auch auf der Bühne bleibt Jutta Hoffmann eine der gefragtesten Darstellerinnen. Von 1973 bis 1983 ist sie Mitglied des Berliner Ensemble (BE). Die Film- und Theaterproduktionen, an denen sich Jutta Hoffmann beteiligt, bekommen zunehmend staatliche Repressalien zu spüren: „Die Schlüssel“ (R: Egon Günther) wird 1973 erst zurückgehalten, dann schließlich mit Export- und Fernsehverboten belegt. „Fräulein Julie“ (R: B. K. Tragelehn, Einar Schleef) mit Hoffmann in der Titelrolle wird 1975 nach wenigen Aufführungen vom Spielplan des BE gestrichen. Zwei Filme des Regisseurs Frank Beyer, an denen sie in Hauptrollen mitwirkt, laufen praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Der Fernsehfilm „Geschlossene Gesellschaft“ wird am späten Abend nach einer obskuren Manipulation des Abendprogramms mit einer fast einstündigen Verspätung ohne Ansage im DDR-Fernsehen ausgestrahlt. Der DEFA-Film „Das Versteck“ gelangt nicht in den regulären Verleih. Jutta Hoffmann protestiert gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, die Aufforderung, ihre Unterschrift unter der Petition zahlreicher Schriftsteller und Künstler zurückzunehmen, weist sie zurück. 1983 verlässt Jutta Hoffmann die DDR, hat Engagements an der Freien Volksbühne in Berlin, bei den Salzburger Festspielen, an den Münchner Kammerspielen und am Hamburger Schauspielhaus. Sie arbeitet als Dozentin an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, die sie 1992 zur Professorin für Darstellende Kunst beruft. Das Theater bleibt die Heimstätte der Schauspielerin.
Im Kino und im Fernsehen ist Jutta Hoffmann weiterhin in ausgewählten Produktionen sichtbar, wie 1997 in „Bandits“ (R: Katja von Garnier) an der Seite von Katja Riemann, Jasmin Tabatabai und Nicolette Krebitz oder als beliebte Hauptkommissarin Wanda Rosenbaum in „Polizeiruf 110“ (1999-2002). Zu den vielen Preisen und Auszeichnungen gehören die als Schauspielerin des Jahres der Zeitschrift „Theater heute“, der Kritikerpreis der „Berliner Zeitung“ sowie der Preis der DEFA-Stiftung für Verdienste um den deutschen Film.
Buchpublikation erhältlich
Jutta Hoffmann – Schauspielerin
Hg. vom Filmmuseum Potsdam
Verlag Das Neue Berlin, 2012
192 Seiten mit ca. 200 Fotos, 22,5 x 22,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-360-02136-6
Einmaliger Sonderpreis: € 9,95 (zzgl. Versandkosten)
Mit freundlichen Grüßen Elena Baumeister
Wissenschaftliche Volontärin
Filmmuseum Potsdam
Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Breite Str. 1A / Marstall
14467 Potsdam
www.filmmuseum-potsdam.de
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