War da mal was? – Flüchtlinge in Groß Glienicke.
Als sich der Strom der Flüchtlinge im Spätsommer 2015 auch in Groß Glienicke ankündigte, gab es vielerlei Bedenken, die in einer öffentlichen Versammlung in der Preußenhalle auch durchaus deutlich geäußert wurden. Als dann viele Flüchtlinge auf beengtem Raum in der Unterkunft in der Waldsiedlung untergebracht waren, hatten Regina und Helmut Görgen die „Neuen Nachbarschaften Gruß Glienicke“ (NNGG) gegründet, in denen viele ehrenamtliche Helfer im Ort organisiert waren. Auch die Kirchengemeinde bemühte sich, das Begegnungshaus und das Atelierhaus Panzerhalle standen den Flüchtlingen offen, und besonders wichtig war, dass die Flüchtlingskinder in der Schule gut aufgenommen wurden.
Es entstanden vielerlei persönliche Kontakte. Für mich vor allem durch den Deutschunterreicht, den Helmut Görgen organisiert hatte. Da lernte ich z.B. Haroun kennen, der Englisch sprach und sich freute, dass ich zu Haroun gleich „ al Raschid“ ergänzte. Ich hatte ja als Kind in den Märchen von „Tausend und einer Nacht“ von dem Kalifen von Bagdad „Harun al Raschid“ gelesen. Gelegentlich schickt er mir noch immer eine Mail. Es gab aber auch ganz hilflose Analphabeten, zu denen kaum ein Kontakt möglich war, und fromme Muslime, die nach der Moschee im Dorf fragten oder wo man Hühnerfleisch kaufen könne ( „no pig!“). In der Unterkunft waren natürlich auch viele entzückende, aber lebhafte Kinder, die immer wieder den Unterrichtsraum stürmten, sodass ein konzentrierter und kontinuierlicher Unterricht schwer möglich war, auch wenn ich mir die Gruppe mit Sigrid Dräger, einer erfahrenen Lehrerin für Deutsch für Ausländer, teilen konnte .
Deshalb habe ich dann angefangen, meinen zuverlässigsten und eifrigsten Schüler zu Hause zu unterrichten. Ich konnte „meinen Ali“ an die „Euro –School“ vermitteln und ihm zu einer besseren Unterkunft verhelfen. Dabei habe ich die Mitarbeiter der verschiedene Stellen der Stadtverwaltung und der Flüchtlingsunterkunft, aber auch der Beratungsstelle der Diakonie und der Handwerkskammer als sehr hilfreich erlebt.
Eine Arbeit in einem Restaurant hat Ali dann allein gefunden. Er ist seit dem März 2017 ein so geschätzter Mitarbeiter, dass sein Chef mich gebeten hat, ich solle ihm doch noch ein paar mehr solch „fixe Jungen“ schicken. Ali spricht inzwischen so gut Deutsch, dass man mit ihm problemlos telefonieren kann. Wenn es irgendwelche Probleme gibt – Behördendeutsch ist nicht einfach zu verstehen! – ruft er an. Er kommt aber auch gern zu Besuch und bemüht sich rührend, mir durch kleine Geschenke eine Freude zu machen. Ich habe sogar ein Päckchen von seiner Mutter in Pakistan bekommen!
Solch persönliche Kontakte zu Flüchtlingen sind mehrere im Dorf entstanden, und oft werde ich gefragt: „ Wie geht es Deinem Ali“? Natürlich sind nicht alle Begegnungen mit den Flüchtlingen so erfreulich gewesen und natürlich gab es auch Probleme, aber welch ein Glück, dass unser schönes Dorf nicht durch negative Schlagzeilen durch die Presse ging!
Dorothea Klessmann
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Aus dem Ortsvorsteherbericht vom 19.03.2019 (gesamter Ortsvorsteherbericht als .pdf): Betreiberwechsel in der Gemeinschaftsunterkunft in der Waldsiedlung:
Seit 1. März 2019 ist nicht mehr Neopanterra zuständig für die Gemeinschaftsunterkunft, sondern Living Quarter (www.livingquarter.de). Leiterin ist Angela Murray. Für den Ortsbeirat hat Birgit Malik Neopanterra für die Arbeit in Groß Glienicke gedankt. Seitens des Ortsbeirates wünschen wir den neuen Betreibern eine erfolgreiche Arbeit! Die ehrenamtliche Unterstützung soll auf jeden Fall weitergehen (https://gross-glienicke.de/neue-nachbarschaften-gross-glienicke/). Winfried Sträter
Ansprechpartner für die Neuen Nachbarschaften sind Julia Häbler und Birgit Malik (neuenachbarschaftengg@gmail.com).